Man On The Moon

Mondsüchtig

Ich gebe es zu: Ich bin lunaphil! Also vom Mond begeistert, nicht lunatic (verrückt). Könnte stundenlang Krater in den Mond starren! So geht es vielen, die der Erdtrabant seit ihren Kindertagen mit seinem fahlen Licht fasziniert. Als 1969 die ersten Menschen auf dem Mond landeten, war die ganze Welt dabei. Ich bin mir sicher, niemand schlief! Fragt man einen x-beliebigen Menschen, der es damals bewusst miterlebt hat, – er kann genau sagen, wo er zu diesem Zeitpunkt war. Man vergisst Geburtstage, Hochzeitstage und das Datum, an dem man das erste Mal – ahem, das gehört jetzt nicht hierher. Jedenfalls kann ich mich noch genau an den Tag der Mondlandung erinnern: Es war in Österreich, genauer gesagt in Kärnten. Ganz genau in Sankt Jakob im Rosental. Wir saßen bei Halleggers in deren Wohnzimmer.

Zu Halleggers zog es uns jeden Sommer, in den großen Ferien. Dort machten wir ab 1965 acht Jahre hintereinander Urlaub – da waren wir treu wie die Bienen, die sind auch »blütenstet«. Böse Zungen (also ich) behaupteten allerdings, dass es eher Bequemlichkeit war. Aber irgendwo war da dann auch gegenseitige Zuneigung – man mochte sich! Reisen bildet nicht nur, es verbindet. Die Familie machte zu Ferienzeiten ihre Zimmer im Obergeschoss frei und vermietete an »Sommerfrischler«. Sommerfrische – auch so ein schönes altes Wort, herrlich unmodern!

Im Sommer ’69 dann das Ereignis, das die ganze Welt bewegte: Der Mensch würde erstmals den Mond betreten! Nicht ein einzelner Mensch – nein, die ganze Menschheit! Alle wollten das miterleben! Halleggers hatten extra einen nagelneuen Fernseher angeschafft. Den hatten wir in unserem »15 M« (Ford) angekarrt, den ganzen Weg (1.000+ km) vom Niederrhein. In Österreich zahlte man damals für derlei Geräte kräftig Luxussteuer. Mit anderen Worten: Fernsehen war für viele einfache Leute noch unerschwinglich. Mein Alter Herr bewies einmal mehr seine Pfiffigkeit: Er kaufte das Teil billig bei Neckermann, trimmte es mithilfe des Inhalts eines Staubsaugerbeutels auf »gebraucht« und der Austro-Fiskus schaute in die Fernsehröhre. Sorgsam in Decken und Tüchern verpackt reiste das gute Stück mit uns nach Österreich. Zollfrei!

Und so saßen wir am 21. Juli 1969, mitten in der lauen Sommernacht, alle um den Fernseher geschart in Halleggers Wohnzimmer und schauten mit offen Mündern und schlaftrunkenen Augen die Übertragung von der ersten Mondlandung. Ungläubig stießen wir uns gegenseitig an und konnten es schier nicht glauben, was Menschen damals in nicht einmal zehn Jahren geschafft hatten. Anfang des Jahrzehnts hatte Kennedy das große Ziel verkündet (»…before this decade is out …«) und dann war es tatsächlich Wirklichkeit. Politik, Wissenschaft und Wirtschaft hatten Wort gehalten. Ein Sieg des Willens! Treffender kann ich es nicht ausdrücken. Bedenkt man, wie viel Zeit heute dazu benötigt wird, um in Berlin Fluhäfen zu bauen oder Bahnhöfe in Stuttgart …

Warum denke ich gerade heute an die Mondlandung? Vielleicht, weil der Mond einst als ein unerreichbares Ziel erschien. Trotzdem beharrte eln im Vergleich zum Kosmos unscheinbares Wesen darauf, dass sein Traum wahr werden solle. Man sagt, was ein Mensch einmal geschafft hat, kann er immer wieder tun. Er darf sich halt nicht verzetteln, nicht alles auf einmal wollen. Immer eins nach dem anderen. Es braucht die Fokussierung auf ein Ziel und einen durchdachten Plan – wie beim Mond. Wie gesagt, man kann ihn stundenlang betrachten und träumen. Aber das allein brachte ihn uns damals nicht näher. Klugheit, Mut und Entschlossenheit schon.

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